07.01.2013
Presseerklärung
zur Vorenthaltung der Studienergebnisse
durch die Conterganstiftung für behinderte Menschen
gegenüber gewählten Betroffenenvertretern
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Das Contergannetzwerk Deutschland e.V. erinnert an die von 10 Conterganopferverbänden erhobene Forderung nach mehr Einbindung der Geschädigten und ihrer Interessenvertretungen in die Conterganstiftung für behinderte Menschen[1]:
Anlass hierfür ist,
dass die Conterganstiftung den gewählten Betroffenenvertretern im obersten Stiftungsorgan (Stiftungsrat) in einer entscheidenden politischen Phase zur Leistungsverbesserung für die Conterganopfer, die Ergebnisse der vom Deutschen Bundestag initiierten Studie über die Situation der Conterganopfer vorenthält und so eine qualifizierte Vertretung der Geschädigten beeinträchtigt:
Im Einzelnen:
Nach Jahrzehnten der Unterversorgung der Conterganopfer wurde durch das Gerontologische Institut der Universität Heidelberg, aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages, eine wissenschaftliche Studie über die Versorgungslage der Conterganopfer erstellt.
Der Endbericht der Studie ist indessen fertig, am 22.12.2012 bei der Stiftung eingegangen und wird - trotz mehrfacher schriftlicher und telefonischer Aufforderungen seit Mitte Dezember - den gewählten Betroffenenvertretern im aufsichtsführenden und Kontrollorgan der Stiftung (dem Stiftungsrat) bis heute, aufgrund einer Weisung des Vorstandes, vorenthalten.
Nach Eingang erhielten sowohl der Vorstand, das Ministerium und der satzungsmäßig nicht vorgesehene sog. Forschungsbeirat den Endbericht der Studie zugesandt. Den gewählten Betroffenenvertretern des Stiftungsrates, wohlgemerkt: oberstes Organ der Stiftung, wurden die Unterlagen bislang mit der Begründung verweigert, es müssten erst noch „kleinere Korrekturen“ vorgenommen werden.
Somit haben alle im Umraum der Stiftung Zugriff auf die Studienergebnisse nur die gewählten Betroffenvertreter aus dem Stiftungsrat nicht…..
Dies ist um so dramatischer, als am 17.1.2013 im Stiftungsrat über die Studie beraten werden soll, da hierzu am 1.2.2013 eine öffentliche Anhörung im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend erfolgen soll. In der Ausschusssitzung sollen gerade die von den Forschungsergebnissen bisher ausgeschlossenen Betroffenvertreter angehört werden.
Ich halte es für unmöglich, so Christian Stürmer, gewählter Betroffenenvertreter im Stiftungsrat und Vorsitzender des Contergannetzwerkes Deutschland e.V. „dass wir uns bis zur Stiftungsratssitzung qualifiziert mit der wissenschaftlichen, 260 Seiten umfassenden Studie auseinandersetzen können.“
Es geht, so Stürmer weiter, darum, „dass jetzt die Chance einer Leistungsverbesserung für die Opfer besteht. Die Politik ist hierzu bereit. Wir sind äußerst schockiert und entsetzt, dass man uns in dieser entscheidenden Phase durch die Stiftung in dieser Weise behindert!“
Wenn diesmal besonders in der Wirkung desaströs, so ist ein solcher Umgang mit den Betroffenenvertretern im Stiftungsrat nicht untypisch. Gegen 3 Stimmen von Ministerienvertretern stehen 2 Stimmen von Betroffenen. Die Sitzungen werden regelmäßig vorab mit Mehr-heit als „nicht öffentlich“ deklariert, so dass es den Betroffenenvertretern nach § 6 der Satzung verboten ist, hierüber zu berichten. Sogar die Conterganopfer dürfen nicht informiert werden….
Wir ersuchen die Politik, der Bitte aus dem gemeinsamen Schreiben von 9 Conterganopferverbänden zu entsprechen und dafür zu sorgen, dass
- alle wesentlichen Conterganopferverbände in die Stiftungsarbeit mit einbezogen werden;
- die Mehrheit der Sitze in den Organen der Stiftung mit Conterganopfern besetzt werden – mindestens paritätisch (wobei bei Stimmgleichheit die Mehrheit der Conterganopfervertreter entscheidet);
- sichergestellt wird, dass die Beschlüsse der Stiftung, soweit dem nicht erheblich überwiegende andere Interessen entgegenstehen, veröffentlicht werden, bzw. veröffentlicht werden dürfen.
Contergannetzwerk Deutschland e.V.
durch: Christian Stürmer
Vorsitzender
[1] http://www.contergannetzwerk.de/forum/321-aus-der-Politik---%C3%B6ffentlich/19420-Conterganopferverb%C3%A4nde-fordern-Mehrheit-in-Conterganstiftung.html#23939