Ostfildern, den 19.04.2012
Contergan – der Skandal setzt sich fort!
Wie bekannt, wurde zwischen den Jahren 1957-1961 das Schlaf- und Beruhigungsmittel „Contergan“ durch die Firma Grünenthal vertrieben, wonach weltweit in ca. 10.000 Fällen Missbildungen an den im Mutterleib heranwachsenden Embryonen entstanden.
Alleine in Deutschland gibt es 2.800 erheblich geschädigte Überlebende, hierunter mannigfache Personen ohne Arme, ohne Beine, oder ohne jegliche Gliedmaßen – oft auch mit weiteren wesentlichen Schäden.
Aufgrund ihrer Behinderung konnten viele Opfer keiner Arbeit nachgehen, was auch dazu führte, dass oft keine, oder nur unzulängliche Rentenansprüche erworben wurden. Zudem stellen sich im zunehmenden Alter schwere Folgeschäden ein, die durch jahrelange Fehlbelastungen entstanden sind.
Der Staat hat „Contergan“ nicht nur - wider besserer Erkenntnis – verspätet vom Markt genommen, sondern steht – selbst in der Verantwortung, weil er sämtliche Ansprüche gegen unseren Schädiger, die Firma Grünenthal, mit § 23 Abs. 1 des Errichtungsgesetzes über die Stiftung, welche die Conterganrenten auszahlt, ausgeschlossen hat.
Nachdem der Firma Grünenthal per Gesetz ihre Verpflichtungen erlassen worden sind braucht Grünenthal keinen Cent mehr zu zahlen, weshalb nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 42,263) der Staat selbst in der Pflicht steht.
Contergangeschädigte erhielten bis zum 01.07.2008 je nach Schädigungsgrad monatliche Renten, von höchstens 545 Euro. Indessen avancierte die Eigentümerfamilie von Grünenthal zur dreißig reichsten Familie Deutschlands. die es in den Jahrzehnten nach Stiftungsgründung weder für nötig befand, freiwillige Zahlungen zu leisten oder sich zu entschuldigen. Erst der Contergan-Fernsehfilm "Eine einzige Tablette" löste für die Contergangeschädigten eine "kleine Revolution" und Druck auf die Politik und Grünenthal aus. Die Politik "verdoppelte" eilig zum 1.7.2008 die Renten und auch Grünenthal erbrachte eine "Spende" von 50 Mio. Euro. Während hiernach die Conterganrenten 1152 Euro, wohlgemerkt: im Höchstsatz, also im Schädigungsgrad für Personen ohne Arme und/oder ohne Beine betragen, werden die 50 Millionen aber nicht ausgezahlt, sondern, auf Verlangen von Grünenthal, auf 25 Jahre verteilt, wonach ein Schwerstgeschädigter (z.B. keine Gliedmaßen) hiervon umgerechnet monatlich 300 Euro und Personen ohne Arme oder ohne Beine, mit weiteren wesentlichen Behinderungen, mtl. rd. 191 Euro erhalten. Alleine die Pflegekosten für eine Person, die weder Arme, noch Beine hat, beträgt rd. 12.000 Euro im Monat.
Beispiele aus dem Internationalen Vergleich:
Die jährlichen Leistungen betragen in Großbritannien an Thalidomidopfer jeweils bis zu 62.318,85 Euro; in Italien jeweils bis zu 49.716,24 Euro. In Irland bekommen die dortigen Geschädigten Renten aus der deutschen Stiftung, die der irische Staat nochmal verdoppelt.
Es muss erreicht werden, dass die Conterganopfer insgesamt eine Entschädigung erhalten, mit der sie, die behinderungsbedingten Beeinträchtigungen ausgleichend, ein selbstbestimmtes Leben zu führen in der Lage sind.
Contergannetzwerkes Deutschland e.V.
durch: Christian Stürmer
Vorsitzender