Zur historischen Studie der Conterganstiftung für behinderte Menschen
Liebe Freundinnen und Freunde!
In diesen Tagen versendet das Gerontologische Institut der Universität Heidelberg Fragebögen. Diese haben den Hintergrund, die Historie der Conterganstiftung im Conterganskandal aufzuarbeiten. Hierzu hat der Stiftungsrat das entsprechende Forschungsprojekt vergeben.
Wesentliche Faktoren der Studie sind, neben den historischen Fakten und rechtlichen Belangen,
- wie ist es den Eltern, den Angehörigen der Contergangeschädigten im Conterganskandal ergangen, was haben sie insofern erlebt, insbesondere erlitten? Das Bild von behinderten Menschen war ja noch vom Post-Nationalsozialismus geprägt. Wie haben die Angehörigen der Geschädigten darauf reagiert? Wurden die Angehörigen von Grünenthal oder sonstigen Organisationen unter Druck gesetzt? Wie haben die Angehörigen denn darauf reagiert, wie haben sie sich gefühlt?
- wie ist es den Geschädigten dabei ergangen? Wie war ihr Aufwachsen– gerade auch im Post-Nationalsozialismus? Wurden die Conterganopfer in Heime abgeschoben, wie wurden sie dort behandelt, wie ging ihre Umgebung mit ihnen um?
- wie kam es zur Stiftung, was wurde vereinbart?
Und viele Fragen mehr…..
Ihr seht, wie wichtig das vom Stiftungsrat der Conterganstiftung angeschobene Projekt ist.
Macht bitte mit!
Sprecht bitte auch Eure Angehörigen an, die sich bitte beim Gerontologischen Institut melden. Es handelt sich um Zeitzeugen, die jetzt noch bestätigen können…
Viele von uns haben ein Martyrium hinter uns. Eltern war es damals oft peinlich, ein behindertes Kind zu haben – der krude Geist des Nationalsozialismus war noch nicht aus den Köpfen. Die Kinder wurden vielfach, wenn Besuch kam, kurzerhand weggesperrt und sodann in speziellen Contergankinder-Krankenhäuser und -Heimen kaserniert. Dort mussten die Kinder oft ganztägig in ihren Betten bleiben, sie wurden oft als Objekte behandelt, wurden nackend, teils in Unterwäsche bekleidet, in Hörsälen vorgeführt – sexuelle Übergriffe bei den Mädchen waren auch nicht selten.
Der Conterganskandal darf nicht in Vergessenheit geraten!
Wenn wir Geschädigten die Chance haben, quasi amtlich, durch ein durch das BMFSFJ angeschobenes Projekt den Conterganskandal mittels einer Studie dokumentieren zu lassen, so sollten wir unbedingt diese Chance nutzen!
Herzliche Grüße
Christian Stürmer
Mitglied im Stiftungsrat der Conterganstiftung (für behinderte Menschen) und Bundesvorsitzender des Contergannetzwerkes Deutschland e.V.