Ich war einen Tag alt, als ich das erste Mal am Bein in Gips gelegt wurde. So verstrich eine Zeit bis man mich operierte. Erschwert war dieser Zustand durch eine spastische Bronchitis.
Meine Eltern waren hierüber sehr betroffen, wussten sich in der Situation aber auch keinen Rat, als den Ihnen erteilten Empfehlungen nachzukommen.
Als ich ein Jahr alt war, verunglückte mein Vater tödlich, so dass fortan meine Mutter in diesem gesellschaftlichen Umraum zunächst alleine mit mir dastand. - eine ganz schreckliche Situation , die bis an Grenzen ihrer Belastbarkeit ging.
Bis zum 13. Lebensjahr musste ich sofern ich nicht gerade in Gips gelegt war, ständig eine Schiene tragen. hiernach schrecklich aussehende orthopädische Schuhe.
Meine Krankenhausaufenthalte häuften sich. Bis zu meinem 15.Lebensjahr war ich durchschnittlich ca. 10 Wochen pro Jahr im Krankenhaus.
Alls ich dann 4 Jahre alt war, kam ich in Hamburg in die Greifschule – ein damals typisches „Zentrum“ für Behinderte – damit ich „mit meiner Behinderung umzugehen lerne.“
Meine Mutter heiratete wieder. Mein aus dieser Ehe stammender Halbbruder verstarb mit 3 Jahren.
Im Jahr 1966 wurde ich eingeschult – gleichfalls in eine Behindertenschule. Dies mit dem Argument, der Besuch einer normalen Schule sei wegen der häufigen Krankenhausaufenthalte nicht möglich.
Im Jahre 1980 war ich dann 3 in einem Berufsförderungswerk, in dem ich meine Lehre als Bekleidungsanfertigerin machte.
Meine Mutter ist vor 3 Jahren verstorben. Niemand kümmert sich um die Nöte der Conterganopfer. Man wird mit einer kleinen Rente abgespeist und alleine gelassen.
Wenn mich nicht vor 12 Jahren mein Lebbenspartner, trotz meiner 3 Kinder genommen hätte, wäre ich ich in einer ganz fürchterlichen Situation Denn ständig verschlimmert sich meine Lage. Spät-- und Folgeschäden treten ein:
Ich habe ab Hüfte abwärts insgesamt 30 Operationen hinter mir. Mein linkes Bein ist 11 cm. zu kurz, mein Fuß steif - kleiner als der rechte und meine Hände und Unterarme sind nicht wie sie sein sollten. An der rechten Hand fehlt der Daumen, der mir abgenommen wurde, wobei der Zeigefinger zum Daumen hergerichtet wurde. Überdies habe ich beiden Seiten Hüftschäden.
In den letzten 2 Jahren habe ich gemerkt dass es gesundheitlich nun beschleunigt abwärts geht. So habe ich verstärkt Muskelschmerzen, die Kraft lässt nach, Knochenbeschwerden - man fühlt sich immer schlechter. Indessen kann ich kaum noch laufen. Fast rund um die Uhr habe ich erheblichste
Schmerzen.
Seit 2 Jahren beziehe ich zwar eine Frührente, aber auch die reicht nicht hinten und vorne um damit ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Obwohl der Staat und Grünenthal mir meine Schäden zugefügt haben, muss für die Folgen ein völlig unbeteiligter Dritter, nämlich mein Lebensgefährte aufkommen. Aber auch dem sind gewisse Grenzen gesetzt.
Ich weiß nicht wie es in Zukunft weitergehen soll. Die Versorgung der Conterganopfer ist einfach zu schlecht,
Wenn sich mein Zustand weiter so verschlimmert und der Sozialabbau fortschreitet, geraten wir Conterganopfer, da auf unsere speziellen Bedürfnisse nicht eingegangen wird, in erheblichste existenzielle Schwierigkeiten.
Wir sind bisher alleine gelassen!
Manuela