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Nümbrechter Chefarzt will Situation von Contergan-Opfern verbessern
Nümbrecht - Aktuelle Studie zur Lebenssituation der Betroffenen stand unter Leitung von Prof. Dr. Klaus M. Peters von der Rhein-Sieg-Klinik und zeigt, dass NRW vor großen Herausforderungen steht.
„Wir müssen dringend etwas tun, um die Contergan-Geschädigten besser versorgen zu können“, betont Prof. Klaus M. Peters, Chefarzt Orthopädie und Osteologie in der Dr. Becker Rhein-Sieg-Klinik. Seit über 15 Jahren behandelt er Patienten in der Nümbrechter Rehaklinik, die erhebliche körperliche Schädigungen durch Contergan erlitten haben, und bietet eine Spezialsprechstunde für Betroffene an. „Dabei haben wir immer wieder festgestellt, dass diese Menschen zunehmend unter Folgeschäden wie Rücken- oder Nackenschmerzen und psychischen Beschwerden leiden.“
In einer 2011 vom Landeszentrum Gesundheit NRW in Auftrag gegebenen Studie unter Leitung von Prof. Peters bestätigte sich diese Beobachtung. Über 200 Teilnehmer - und damit jeder vierte Conterganbetroffene aus Nordrhein-Westfalen - beteiligten sich an der Studie. „Mit Besorgnis haben wir festgestellt, dass die körperliche und psychische Gesundheit und damit auch die Lebensqualität von Erkrankten beständig sinken und die Pflegebedürftigkeit zunimmt. Auf diese Probleme ist das medizinische Versorgungssystem in NRW nicht vorbereitet“, warnt Prof. Peters. Um die Betroffenen, die heute im Schnitt 54 Jahre alt sind, auch im Alter angemessen versorgen zu können, müsse jetzt dringend etwas geschehen.
Das bestätigte auch Barbara Steffens, NRW-Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter, in Ihrem Vortrag. Damit die Betroffenen weiterhin am Arbeitsleben partizipieren und selbständig leben könnten, seien konkrete Versorgungsmaßnahmen notwendig. Wie auch Prof. Peters betrachtet sie die Errichtung eines medizinischen Kompetenzzentrums als wichtigen Schritt für eine bedarfsgerechte Versorgung der Contergan-Geschädigten.
„In einem Medizinischen Kompetenzzentrum wollen wir die Kompetenzen zur Behandlung bündeln und für eine Verbesserung des Versorgungsangebots sorgen“, erklärt Prof. Peters. So sollen zum Beispiel regelmäßige Untersuchungen der Folgeschäden, Behandlungs- und Präventionsmaßnahmen angeboten werden. Auch Schulungen und Weiterbildungsmaßnahmen für Ärzte und Therapeuten sind geplant. „Bei uns in der Rhein-Sieg-Klinik haben wir mit solchen Schulungen gute Erfahrungen gemacht, um unseren Mitarbeitern mehr Sicherheit im Umgang mit Contergan-Patienten zu ermöglichen“, erklärt der Chefarzt. Für ein möglichst selbständiges Leben im Alter seien alternative Wohnformen wie generationsübergreifende Wohnquartiere ein Lösungsansatz.
Für die Querschnittsstudie zur Lebenssituation von Contergan-Opfern in Nordrhein-Westfalen wurde studienbegleitend ein Peer-to-Peer-Projekt eingerichtet. „Das bedeutet, dass Contergan-Betroffene, die an der Studie teilgenommen haben, andere Betroffene bei ihrer Studienteilnahme begleitet und unterstützt haben“, erklärt Udo Herterich, 1. Vorsitzender des Interessenverbandes Contergangeschädigter NRW e. V. Da das Projekt so erfolgreich verlief, wurde es nach Studienabschluss in ein Beratungsangebot von Betroffenen für Betroffene umgewandelt.