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Behinderung darf kein Nachteil sein
GÜNTHER OSWALD, 23. September 2012, 17:27
foto: apa/epa/gerry penny
Bei den Paralympics in London holte Günther Matzinger zweimal Gold. Bei so mancher Versicherung hätte er laut Behindertenvertretern Schwierigkeiten, eine Unfallversicherung abzuschließen.
Nur wegen einer Behinderung dürfen Versicherungen keine höheren Prämien verlangen oder Verträge ablehnen
Nur wegen einer Behinderung dürfen Versicherungen keine höheren Prämien verlangen oder Verträge ablehnen. Das sieht ein neuer Gesetzesentwurf vor. Behindertenvertreter begrüßen den Vorstoß.
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Wien - Für Klaus Voget ist die Sache klar: "Warum soll jemand keine Unfallversicherung abschließen dürfen, nur weil ihm ein Arm fehlt?" In der Praxis würden behinderte Menschen aber auf genau solche Hürden stoßen, sagt der Präsident des Zivil-Invalidenverbands im Standard-Gespräch.
Ein neuer Gesetzesentwurf des Sozialministeriums soll damit Schluss machen. Versicherungsverträge dürfen nicht mehr abgelehnt oder gekündigt werden, nur weil die versicherte Person behindert ist. Auch darf das Vorliegen einer Behinderung nicht automatisch zu höheren Prämien führen.
Die Versicherung muss also immer den "individuellen Gesundheitszustand" prüfen und begründen, warum ein höheres Risiko besteht. Laut Behindertenanwalt Erwin Buchinger gab es bisher bei allen Personenversicherungen "große Probleme" - vor allem bei Unfall-, Krankenzusatz-, Lebens- und Reiseschutzversicherungen. "Bei uns landen mindestens zehn Fälle pro Jahr", sagte Buchinger am Sonntag zum Standard.
"Ganz dramatisch" sei die Situation zuletzt bei Betriebsunterbrechungsversicherungen gewesen. Mit ihnen können sich Selbstständige gegen Krankheit bzw. Unfälle absichern. Behinderte Selbstständige seien aber pauschal abgelehnt worden, sagte Buchinger.
Laut Voget haben manche Versicherungen explizit Bestimmungen in die allgemeinen Geschäftsbedingungen aufgenommen, wonach Behinderte nicht versichert werden. Das bereits bestehende Diskriminierungsverbot hielten sie für die Versicherungswirtschaft bisher für nicht anwendbar.
Laut Voget hatte das oft über den Versicherungsgegenstand hinausgehende Folgen. So akzeptieren Banken für die Absicherung eines Kredites Lebensversicherungen. Bekommt man aber keine Lebensversicherung, fällt man auch um den Kredit um.
Neues Klagsrecht
Dass die Versicherungen nun Modelle erarbeiten, die zu derart hohen Prämien führen, dass erst recht wieder keine Verträge mit behinderten Menschen zustande kommen, will Behindertenanwalt Buchinger nicht ausschließen. "Das kann sein." Allerdings: Das neue Gesetz räumt der Behindertenanwaltschaft und der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation ein Klagsrecht ein. Es muss sich also nicht mehr jeder Einzelne wehren. Buchinger kündigt bereits an: "Wir werden uns das in der Praxis sehr genau anschauen."
Ebenfalls klargestellt wird mit dem neuen Gesetz, dass für Männer und Frauen die gleichen Tarife zu gelten haben. Das ist eine Folge eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes.
Und noch eine Neuerung gibt es: Auch Versicherungen dürfen keine Mehrkosten verrechnen, wenn jemand keinen Abbuchungsauftrag abschließt. In anderen Bereichen gibt es diese Regelung schon länger. (Günther Oswald, DER STANDARD, 24.9.2012)