In Absprache mit Christian Stürmer habe ich folgenden Offenen Brief an die Evangelische Kirche in Deutschland (Vorsitzender Dr. Nikolaus Schneider) und die Evangelische Kirche im Rheinland (Präsis Dr. Nikolaus Schneider) und das Bistum Aachen (Bischof Dr. Heinrich Mussinghoff) gesandt, mit der Bitte um Stellungnahme. Sobald ich eine Rückmeldung habe, setze ich diese hier ein.
Sehr geehrter Herr Präses Dr. h.c. Nikolaus Schneider,
sehr geehrter Herr Bischof Dr. theol. Heinrich Mussinghoff,
ich nehme heute nach Rücksprache mit dem Vorsitzenden des Contergannetzwerkes Deutschland e.V., Herrn Christian Stürmer, und ausdrücklich im Namen unseres ganzen Verbandes, Kontakt mit Ihnen auf, weil ich mich sehr über die Arbeit der Evangelischen und Katholischen Kirche der Stadt Stolberg geärgert habe.
Im Folgenden möchte ich Ihnen schildern warum:
Wie Sie vielleicht der Presse und weiteren Medien entnommen haben, fand am 31. August 2012 eine Gedenkveranstaltung im Kulturzentrum der Stadt Stolberg anlässlich der Einweihung des von Grünenthal finanzierten Contergan-Denkmals statt. Aus dem gesamten Bundesgebiet reisten Conterganopfer an, um zu erleben, ob mit diesem Ereignis wirklich eine Zäsur in der Verhaltensweise der Firma Grünenthal eintritt oder nicht. Leider wurde die Chance durch die Firma Grünenthal vertan, auf neutralem Boden, im Kulturhaus der Stadt Stolberg, einen Wandel im Umgang mit den Conterganopfern zu vollziehen. Ein wirkliches aufeinander Zugehen setzt mindestens voraus, dass die Firma Grünenthal ihre alten Positionen zu Ihrer Schuld den Geschädigten gegenüber aufgibt, bzw. zumindest nicht weiter wiederholt.
Was erklärte der Geschäftsführer von Grünenthal, Herr Dr. Harald Stock: "Grünenthal hat bei der Entwicklung von Contergan nach dem damaligen wissenschaftlichen Kenntnisstand gehandelt und allen Industriestandards für das Testen von neuen Medikamenten entsprochen, die in den 1950er und 1960er Jahren maßgeblich und anerkannt waren.". Diese Aussage ist unwahr und ein weiterer Tritt gegen die Tausende Toten und Tausende noch lebenden Conterganopfer. Alleine der Einstellungsbeschluss aus dem Grünenthal/Wirtz-Strafverfahren beweist exakt das Gegenteil! Anstatt das begangene Unrecht zu entschuldigen, entschuldigte sich der Geschäftsführer für etwas anderes: "Darüber hinaus bitten wir um Entschuldigung, dass wir fast 50 Jahre lang nicht den Weg zu Ihnen von Mensch zu Mensch gefunden haben. Stattdessen haben wir geschwiegen und das tut uns sehr leid.". Alleine schon mit der Verwendung des Wortes "Entschuldigung" wurde in den Medien und der breiten Öffentlichkeit damit der Eindruck erweckt, dass die Firma Grünenthal endlich zur Einsicht gekommen sei und ihr Verhalten ändere. Stattdessen beharrt man auf alten Positionen und macht damit alles noch schlimmer.
Weil wir vom eingetragenen Verein Contergannetzwerk Deutschland, federführend von Herrn Christian Stürmer, sowas haben kommen sehen, allerdings nicht in dieser Gnadenlosigkeit, haben wir eine alternative, ehrliche Gedenkveranstaltung im Anschluss an die offizielle Gedenkveranstaltung unmittelbar vor dem Kulturzentrum Stolberg durchgeführt. Hierbei wurde in einer christlichen Andacht der Tausenden toten Conterganopfer und das Leid der überlebenden Geschädigten gedacht.
Im Zentrum der Macht des Wirtz-Konsortiums war kein evangelischer oder katholischer Pfarrer bereit, diese christliche Andacht zu halten. Sogar bei der Evangelischen Frauenberatungsstelle, die wegen der Zurverfügungstellung eines Raumes angesprochen wurde, hieß es "Es geht da doch um das Conterganopfer-Denkmal, oder?" Es war nichts zu machen. Obwohl der Bürgermeister der Stadt Stolberg, Herr Ferdinand Gatzweiler, die bei der offiziellen Veranstaltung anwesenden Pfarrer fragen wollte, kam niemand der Kirchenvertreter zu uns herüber. Wir hatten dann einen serbo-kroatischen Erzprister gebeten, diese Andacht zu halten. Anläßlich dieser alternativen Andacht wurden 20 Friedenstauben und 250 beschriftete Luftballons steigen gelassen. Die Ballons trugen die Aufschrift
Contergannetzwerk Deutschland e.V.
Wir gedenken der Tausenden Toten, unseren
schwerstgeschädigten Schwestern und Brüdern.
Firma Grünenthal und
Eigentümerfamilie Wirtz: STELLEN Sie sich der Verantwortung!
www.contergannetzwerk.de
Die Beteiligten brachen vielfach in Tränen aus!
Ich bin sehr traurig darüber, dass die örtlichen Vertreter der evangelischen und katholischen Kirchen gleichermaßen nicht bereit waren, zumindest den Kontakt mit den vor Ort anwesenden Conterganopfern des Contergannetzwerkes Deutschland zu suchen.
Bitte antworten Sie mir auf dieses Schreiben und erläutern Sie uns die Beweggründe, warum keinerlei Kontakt zu uns Geschädigten des Vereins Contergannetzwerk Deutschland gesucht wurde. Den Inhalt dieses Schreibens werde ich als Offenen Brief im Forum des Contergannetzwerkes einstellen und würde auch gerne Ihre Antwort dort veröffentlichen.
Mit freundlichen Grüssen