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Presseerklärung
Das Contergannetzwerk Deutschland e.V. weist die von der Conterganstiftung für behinderte Menschen in Auftrag gegebene, sogenannte „Internationale Studie zu Leistungen und Ansprüchen thalidomidgeschädigter Menschen in 21 Ländern“ als verzerrend und schlicht unzutreffend zurück.
„Gerade unter den Hintergründen“, so Christian Stürmer, Vorsitzender des Contergannetzwerkes Deutschland e.V., „sehe ich diese Studie als einen weiteren Baustein an, um mittels fragwürdiger Gutachten, die berechtigen Forderungen contergangeschädigter Menschen in Deutschland zu konterkarieren.“
Trotz detaillierter Reklamationen und Hinweise, u.a. von Christian Stürmer, wurde die völlig mangelhafte Erstausgabe der „Studie“ im März 2011 in ihrer jetzt veröffentlichten Fassung zwar nochmals überarbeitet und einige Angaben zugefügt, hierunter aber auch in der Übersichtstabelle eine Rubrik „an Geschädigte ausgezahlter Gesamtbetrag“ eingeführt, wobei einfach als höchste Summe der Betrag aus Deutschland mit 480.000.000 Euro genannt wird. Zudem wird in der begleitenden Presserklärung mitgeteilt: „Der Gesamtbetrag von rund 480.000.000 Euro, der von Deutschland geleistet wurde, wird von keinem anderen Land erreicht, dass seinen Gesamtbetrag mitgeteilt hat.
„Hierin“, so führt Christian Stürmer aus, „sehen wir `Taschenspielertricks`, um den Eindruck zu erwecken, wir hätten in Deutschland die meisten Leistungen erhalten. Wir finden es schade, dass sich die deutsche Conterganstiftung für behinderte Menschen dafür hergibt.“
Weder ist in der Tabelle nämlich angegeben, dass in Deutschland rund 2700 Conterganopfer leben und in allen anderen Ländern nur Bruchteile von dieser Zahl an Geschädigten vorhanden sind. Ein adäquater Leistungsvergleich einzelner Länder bedingt auch mindestens, dass entsprechend gegenübergestellt wird, was ein einzelner Betroffener insgesamt erhalten hat und laufend bekommt: Ausweislich der Studie betragen die Gesamtleistungen an ein schwerstgeschädigtes Thalidomidopfer in Großbritannien in 10 Jahren 623.188,55 Euro und in Deutschland in 40 Jahren 251.749,77 Euro. Insoweit steht einer jährlichen Leistung im Einzelfall in Großbritannien in Höhe von 62.318,85 Euro, eine jährliche Leistung in Deutschland in Höhe von jeweils 6.293,74 Euro gegenüber. In Italien betragen die Jahresleistungen an Thalidomidgeschädigte jeweils bis zu 49.716,24 Euro.
Irische Thalidomidopfer erhalten von der deutschen Conterganstiftung die gleichen Leistungen, wie die deutschen Geschädigten und zusätzlich nochmal dieselbe Summe vom irischen Staat, mithin das Doppelte, wie deutsche Conterganopfer.
Damit kann mitnichten auch nur im Ansatz davon die Rede sein, dass deutsche Conterganopfer im internationalen Vergleich, weder gut, geschweige am besten gestellt wären. Im Gegenteil!!
Mit Entsetzen bleibt festzustellen, dass die immensen Kosten dieser „Studie“ von den Stiftungsgeldern der Geschädigten bezahlt werden. Angesichts der Tatsache, dass großteils Not unter den Conterganopfern herrscht, empfinden wir das als einen Skandal, wie wir es auch als einen solchen auffassen, dass die Conterganstiftung für behinderte Menschen sogar ein Verbot darüber ausgesprochen hat, dass das Contergannetzwerk Deutschland e.V. die durch die Stiftungsratstätigkeit von Christian Stürmer bekannte Höhe der Kosten der Kanzlei DLA Piper seinen Mitgliedern mitteilt. Das alleine spricht Bände!!! Gegenwärtig müssen wir versuchen nach dem Informationsfreiheitsgesetz eine Veröffentlichung durchzusetzen!
Unsere Zweifel an der Objektivität der Kanzlei DLA Piper halten wir ohnehin aufrecht. Es ist uns schlicht unverständlich, warum eine Kanzlei beauftragt wurde, die in Norwegen offensichtlich mit Grünenthal selbst in Geschäftsbeziehung stand oder steht[2] und auch in Großbritannien in für uns fraglicher Weise in Thalidomid-Fälle involviert war.[3]
Wir fordern die Firma Grünenthal und ihre Eigentümer, weiterhin den deutschen Gesetzgeber auf, für eine adäquate Entschädigung der Conterganopfer und zwar nach allgemein zivilrechtlichen Grundsätzen, einschließlich nach Maßstäben des Sozialen Entschädigungsrechts, zu sorgen.
Wir verwahren uns schlussendlich auch grundsätzlich dagegen, unsere Entschädigung für unser Leid mit einem Vergleich mit Ländern „runterreden“ zu wollen, deren Schuld an der Contergankatastrophe ein Vielfaches geringer ist, als die der Firma Grünenthal und der Bundesrepublik Deutschland – dem Mutterland von Contergan!
Es muss klar sein, dass wir verlangen:
Die Conterganstiftung den Conterganopfern! Hiernach sollen alle Positionen im Vorstand, wie im Stiftungsrat durch Conterganopfer besetzt werden! Die Fach- und Rechtsaufsicht verbleibt nach dem Gesetz ohnehin bei der Regierung! Es gibt keinen objektiven Grund, warum die Geschädigten ihre Stiftungen nicht selbst verwalten!
Es darf nicht sein, dass die Regierung, als unsere Anspruchsgegnerin, unsere Conterganstiftung, als ihren verlängerten Arm als öffentlich-rechtliche Stiftung für ihre Zwecke gegen uns einsetzen kann.
Wir haben in 50 Jahren genug Leid erfahren! Wir brauchen keine weiteren Hindernisse, sondern Hilfe - und zwar jetzt!
Ostfildern, den 21.03.2012
Contergannetzwerk Deutschland e.V.
durch: Christian Stürmer
Vorsitzender
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Link zur Studie: