BVerfGE 4, 7 - Investitionshilfe -
vgl. Randnummer 10, vor allem Rn 12.
http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv004007.html#011
1. Das Investitionshilfegesetz kann unmittelbar mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden, weil es in die Rechtsstellung der Betroffenen eingreift, ohne daß es eines Vollzugsaktes bedarf (BVerfGE 3, 34 [36]). Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerden gegen das Gesetz steht nicht entgegen, daß gegen die Beschwerdeführer zu 8, 47 und 76 Aufbringungsbescheide ergangen sind. In diesem Falle haben sie die Möglichkeit, sowohl das Gesetz unmittelbar als auch den Vollzugsakt mit der Verfassungsbeschwerde anzugreifen.
2. Auch die gegen den Aufbringungsbescheid gerichteten Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu 77 und 78 sind demgemäß zulässig, obwohl sie die Jahresfrist zur Einlegung der Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen das Investitionshilfegesetz versäumt haben.
Der Rechtsweg gegen die Aufbringungsbescheide ist allerdings nicht erschöpft, aber den Beschwerdeführern erwüchse ein schwerer und unabwendbarer Nachteil, wenn sie zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würden; in den bereits anhängigen Verfahren über die Verfassungsmäßigkeit des Investitionshilfegesetzes würde mit Wirkung für und gegen alle entschieden werden, ohne daß sie Gelegenheit gehabt hätten, ihre Argumente vorzutragen. Im Hinblick auf die grundsätzlichen verfassungsrechtBVerfGE 4, 7 (11)BVerfGE 4, 7 (12)lichen Fragen, die das Investitionshilfegesetz aufwirft, sind die Verfassungsbeschwerden auch von allgemeiner Bedeutung. Die Voraussetzungen des § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG liegen daher vor.
BVerfGE 3, 58 - Beamtenverhältnisse siehe ab Randnummer 46
http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv003058.html#074
Die Verfassungsbeschwerden gegen das G 131 sind zulässig.
1.
Aus den Ausführungen der Beschwerdeführer ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, daß sie behaupten wollen, durch das Gesetz jedenfalls in ihren Grundrechten aus Art. 3 und 14 GG verletzt zu sein. Das reicht für die Zulässigkeit der VerfassungsBVerfGE 3, 58 (73)BVerfGE 3, 58 (74)beschwerden aus, ohne daß schon hier geprüft zu werden braucht, ob nach dem Vortrag der Beschwerdeführer auch die Verletzung anderer Grundrechte in Betracht kommen könnte. Bei der materiell-rechtlichen Prüfung der einzelnen Verfassungsbeschwerden wird zu beurteilen sein, ob sonstige von den Beschwerdeführern bezeichnete Grundrechte durch das G 131 verletzt sind.
2. Ein Verstoß gegen andere als die in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Bestimmungen des Grundgesetzes kann grundsätzlich mit der Verfassungsbeschwerde nicht gerügt werden. Soweit jedoch die Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Rüge der Verletzung von Grundrechten solche Verstöße behaupten, kann ihr Vorbringen als Anregung an das Bundesverfassungsgericht behandelt werden, von Amts wegen zu prüfen, ob eine Norm, durch die sie sich in ihren Grundrechten verletzt fühlen, auch wegen eines anderen Verstoßes gegen das Grundgesetz nichtig sei (vgl. BVerfGE 1, 264 [271]).
3. Die Verfassungsbeschwerden rügen eine unmittelbare und gegenwärtige Grundrechtsverletzung durch Gesetz (vgl. BVerfGE 1, 97 [103]). Dies folgt aus dem Hinweis der Beschwerdeführer auf § 77 G 131.
4. Bedenken gegen die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde Ho. können deshalb bestehen, weil die Beschwerdeführerin zur Verfolgung ihrer vermeintlichen, durch das G 131 betroffenen Ansprüche bereits den Verwaltungsrechtsweg beschritten, das angerufene Gericht jedoch das Verfahren mit Rücksicht auf die Verfassungsbeschwerde ausgesechrtzt hat.
Solange ein Prozeß vor einem Gericht schwebt, besteht grundsätzlich kein Rechtsschutzinteresse für eine Verfassungsbeschwerde gegen eine Norm, deren Verfassungsmäßigkeit in dem gerichtlichen Verfahren zu prüfen ist. Ist jedoch bereits eine Verfassungsbeschwerde gegen diese Norm beim Bundesverfassungsgericht anhängig, so handelt das Prozeßgericht schon aus Gründen der Prozeßökonomie richtig, wenn es das bei ihm anhängige Verfahren aussetzt. Dadurch wird einmal vermieden, daß auch das Prozeßgericht neben dem Bundesverfassungsgericht die Frage BVerfGE 3, 58 (74)BVerfGE 3, 58 (75)der Verfassungsmäßigkeit der betreffenden Norm prüfen muß. Darüber hinaus wird den Beteiligten am Prozeßverfahren die Möglichkeit gegeben, sich der anhängigen Verfassungsbeschwerde gleichen Inhalts alsbald anzuschließen. Das wäre nicht der Fall, wenn das Gericht - bei Annahme der Verfassungswidrigkeit gemäß Art. 100 Abs. 1 GG verfahren oder - bei Annahme der Verfassungsmäßigkeit - ein Endurteil erlassen würde. Die Beteiligten am Prozeßverfahren könnten dadurch mit ihrem Vorbringen in dem beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfahren ausgeschlossen und das Bundesverfassungsgericht könnte gehindert werden, ihren möglicherweise gewichtigen und erheblichen Sach- und Rechtsvortrag bei seiner grundsätzlichen Entscheidung über die bereits anhängige Verfassungsbeschwerde mit zu berücksichtigen.
Aus diesem Grunde muß in derartigen besonders gelagerten Fällen ein Rechtsschutzinteresse für die Verfassungsbeschwerde trotz des anhängigen gerichtlichen Verfahrens bejaht werden. Die Verfassungsbeschwerde Ho. ist daher zulässig.
5. Während des Verfahrens ist das G 131 durch das Bundesbeamtengesetz und das Erste Änderungsgesetz in zahlreichen Bestimmungen - zum Teil mit rückwirkender Kraft - geändert worden. Dadurch haben sich jedoch die Verfassungsbeschwerden auch nicht insoweit erledigt, als sie die ursprüngliche inzwischen geänderte Fassung des G 131 betreffen. Denn materiell werden sowohl die Änderungen durch das Bundesbeamtengesetz als auch die meisten Änderungen durch das Erste Änderungsgesetz erst vom 1. September 1953 an wirksam, so daß eine in der Vergangenheit liegende etwaige Grundrechtsverletzung durch die Änderungsgesetze nicht beseitigt worden wäre.
6. Sämtliche Verfassungsbeschwerden sind auch rechtzeitig erhoben, da die Jahresfrist zur Anfechtung des rückwirkend in Kraft getretenen G 131 erst mit dem Zeitpunkt seiner Verkündung beginnt (vgl. BVerfGE 1, 415).
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BVerfGE 74, 69 - Subsidiarität der Gesetzesverfassungsbeschwerde vergleiche Randnummer 25
http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv074069.html
c) Allerdings darf die Anwendung des Grundsatzes der Subsidiarität nicht dazu führen, daß ein effektiver Grundrechtsschutz nicht mehr gewährleistet ist. Deshalb hat das Bundesverfassungsgericht ein Rechtsschutzbedürfnis für eine unmittelbar gegen ein Gesetz gerichtete Verfassungsbeschwerde ausnahmsweise vor Erlaß des Vollzugsaktes bejaht, wenn das Gesetz die Normadressaten bereits gegenwärtig zu später nicht mehr korrigierbaren Entscheidungen zwingt oder schon jetzt zu Dispositionen veranlaßt, die sie nach dem späteren Gesetzesvollzug nicht mehr korrigieren können, oder wenn der mit dem Grundsatz der Subsidiarität verfolgte Zweck, eine fachgerichtliche Klärung der Sach- und Rechtsfragen herbeizuführen,
nicht erreichbar ist (vgl. BVerfGE 72, 39 [44] m.w.N.).