Späte Anerkennung psychischer Conterganschäden
Eine Entscheidung mit bundesweiter Bedeutung für alle Thalidomid-Geschädigten erreichten die Rechtsanwälte Steinstraß & Partner / Altenkirchen in einem Klageverfahren gegen die Conterganstiftung vor dem Verwaltungsgericht Köln. Sie vertraten einen gehörlosen Thalidomid-Geschädigten, der von Geburt an neben dieser Schädigung zusätzlich an erheblichen psychischen Erkrankungen, insbesondere Autismus litt und damit auch in der Welt der Gehörlosen kaum Heimat finden kann. Bekanntlich entschied der Zeitpunkt der Einnahme des damals angeblich harmlosen Schlafmittels über die Art der Schädigung des Fötus. Die Verantwortung des Medikaments für psychische Schäden wurde bislang strikt von der Conterganstiftung in Abrede gestellt. Unter Hinweis auf japanische und schwedische Studien, der Verwertung neuester Forschungserkenntnisse sowie amerikanischer Fachliteratur wiesen die Rechtsanwälte jedoch auf einen signifikanten Ursachenzusammenhang hin, die dann Ende 2017 die medizinische Kommission der Stiftung veranlassten, Autismus als conterganbedingt anzuerkennen. Sie werden jetzt in dem für die Bemessung der Schäden bestehenden Tabellenwerk mit 30 Punkten bewertet und damit als deutliche Schädigung anerkannt. Betroffenen wird empfohlen einen entsprechenden Revisionsantrag bei der Conterganstiftung zu stellen und sich auf das Verfahren 7 K 4811/16 VG Köln zu berufen. Ein Urteil des Gerichts wird nicht erforderlich sein, weil die beklagte Stiftung im Verfahren jetzt im Januar 2018 einen entsprechenden Anerkennungsbescheid angekündigt hat und der Kläger damit sein Ziel erreicht hat. „Es ist eine reichlich späte Anerkennung erheblicher Schäden. Für die Eltern des Klägers, die ihren Sohn mit Liebe und Umsicht großgezogen haben und Zeit ihres Lebens für die Anerkennung dieser Schädigung gerungen haben, kommt die Anerkennung leider zu spät, weil sie schon verstorben sind. Sie hätten sie gerne erlebt“ so Rechtsanwalt Jochen Alfes. „ Sie hatten ihren Kampf ohne Wut und Bitterkeit geführt, aber wollten anerkannt haben, was das Medikament (auch noch alles) angerichtet hat.“ Das ist jetzt gelungen. Besser spät, als nie.