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Petra Wenig - in den Rollstuhl gezwungen und ausgegrenzt

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RollstuhlfahrerIch bin Petra Wenig, ge­boren im Jahr 1960 in Land­stuhl bei Kai­sers­lau­tern. Ich bin von Ge­burt an geh­be­hin­dert und für immer auf dem Roll­stuhl an­ge­wiesen, weil meine Mutter Tha­li­domid ein­ge­nommen hatte. Im post­na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Deutsch­land war es ge­ra­dezu pein­lich, ein be­hin­dertes Kind zu haben...

Die ge­sell­schaft­liche Stig­ma­ti­sie­rung schlug sehr oft auch in die Be­hand­lung der be­hin­derten Kinder durch ihre El­tern durch. Auch meiner Mutter war es hoch­not­pein­lich. Sie hasste mich ge­ra­dezu. Als Nah­rung hat sie mir da­mals nur Milch und Salz­stangen ge­geben, dass ich fasst ver­hun­gert wäre. Eine Fa­milie hatte das be­ob­achtet und hatte dann dafür ge­sorgt, dass ich eine bes­sere Pflege er­halte und da­durch kam ich dann in ein Heim nach Urs­berg. 1966 wurde ich ins Heim zu der Kloster Kon­gre­ga­tion Urs­berg ver­legt. In der Schule wurde ich ge­hän­selt und bekam „Dat­zen­stecker“ (mit dem Holz­prügel) an den Händen, wenn ich nicht richtig auf­ge­passt habe. Meine Hände waren dann so blau, dass ich sie nicht mehr be­wegen konnte. Ich habe noch Arme und Beine und kann sie aber nur be­dingt ge­brau­chen. Seit 1988 ist meine Mutter ge­storben. Ich habe noch 3 Ge­schwister. Zwei wollen von mir nichts wissen, da ich kör­per­be­hin­dert bin und auch noch dun­kel­häutig, fast schwarz. 1982 kam ich dann nach Mün­chen in die Stif­tung Pfen­nig­pa­rade. Dort habe ich auch 1 Jahr ge­wohnt, bis ich dann am 1. De­zember 1983 in eine Woh­nung in Mün­chen ein­ge­zogen bin. Ich bin künst­le­risch als Mund­ma­lerin tätig und seit dem Jahr 1991 auch im Mund u. Fuß­ma­lenden Künstler e.V. Meine Bilder werden re­pro­du­ziert; zu Post­karten, Ka­len­dern und auch Kärt­chen­auf­hän­gern. Als ich aus ge­sund­heit­li­chen Gründen er­neut um­ziehen musste, da in der Woh­nung Schimmel war und mich mein Nachbar mit nächt­li­chen An­fällen nicht schlafen ließ, fühlte ich mich durch die Sach­be­ar­bei­terin des So­zi­al­amtes ge­ra­dezu ter­ro­ri­siert Dieses und jenes fehlt, ob­wohl sie schon alle Daten von mir hatte. Erst als ich völlig nerv­lich am Boden mit ge­richt­li­chen Schritten drohte, funk­tio­nierte plötz­lich alles. Seit 01.06.2010 wohne ich in Zell im Fich­tel­ge­birge/ Ober­franken. Meine Ma­lerei wird jetzt besser, da ich jetzt in Ruhe malen kann. Ich bin immer noch dabei, denn das Malen ist jetzt mein Leben. Als Kind wollte ich aber im Büro ar­beiten, oder Sän­gerin werden, doch ich hatte nicht die Qua­li­fi­zie­rung. Somit blieb mir zum Geld ver­dienen nur die Ma­lerei. Vor kurzem habe ich einen neuen Elektro-Roll­stuhl be­an­tragt. Dieser Elektro-Roll­stuhl fährt aber nur 6 kmh. Ich bin aber 10 kmh ge­wöhnt. Wenn ich die Steue­rung umspei­chern lasse auf 10 kmh, dann muss ich von der Kran­ken­kasse aus den Elektro-Roll­stuhl selbst be­zahlen, wenn er eine Re­pa­ratur braucht. Da werden wir schon wieder zu­rück­ge­setzt. Das finde ich für eine Un­ver­schämt­heit. Woher soll ich denn das Geld nehmen? So­viel wie das manchmal kostet, habe ich nicht, denn die Umspei­che­rung an der Steue­rung kostet ca. 400 bis 1000 Euro. Das ist mo­mentan mein größtes Pro­blem. Da werden doch die Be­hin­derten schon wieder aus­ge­nommen. Diese Leute wissen, dass ein Roll­stuhl­fahrer das Geld nie hat, und so werden wir schon wieder klein ge­halten. Auf Deutsch ge­sagt: "Für Blöd ge­halten". Meinen alten Elektro-Roll­stuhl habe ich jetzt schon 15 Jahre und der Rahmen bricht auch schon. Wo bleibt den da die Men­schen­würde? Haben wir nicht auch das recht Men­schen­würdig wie an­dere Men­schen leben zu dürfen? Da wird uns schon wieder ein böses Bein ge­stellt. Das kann doch nicht mit rechten Dingen zu­gehen, oder? Was soll kann man da ma­chen? 

Letzte Änderung am Dienstag, 24 April 2012 02:03
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