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THEMA: Pharma kämpft um jeden Cent den sie nicht bezahlen muß

Pharma kämpft um jeden Cent den sie nicht bezahlen muß 23 Aug 2013 21:03 #33623

  • Braunauge
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23. August 2013

Contergan-Skandal geht weiter – Brasiliens neue Contergan-Kinder


Brigitte ist auf einem Ohr taub, hat kurze Arme und Beine, ein Hüftgelenk ist kaum vorhanden. Das alles, weil ihre Mutter während der Schwangerschaft Anfang der 60er Jahre das Schlafmittel Contergan genommen hat. Auf den Markt gebracht hatte es die Firma Grünenthal aus Stolberg. Die kann jedoch juristisch nicht mehr belangt werden, nachdem sie Anfang der 70er Jahre eine Entschädigung in eine von der Bundesregierung gegründete Stiftung eingezahlt hat. Die 50 jährige Brigitte schilderte im WDR ihre Leidensgeschichte.

Der Contergan-Skandal , war und ist einer der aufsehenerregendsten Arzneimittelskandale, der uns seit über 50 Jahren immer noch betroffen macht.

Doch obwohl die überlebenden Contergan-Geschädigten inzwischen den fünfzigsten Geburtstag hinter sich haben, ist bis heute nicht abschließend geklärt, wie genau der Contergan-Wirkstoff Thalidomid die Embryonalentwicklung gestört hat.Eines ist aber Fakt, die Mütter haben während der Schwangerschaft das Beruhigungsmittel Contergan eingenommen. Mit schrecklichen Folgen für ihre Kinder.

Mittlerweile ist offenkundig, dass die Schäden der Opfer weit über das äußerlich Sichtbare hinausgehen. Indizien dafür entdeckten Forscher am Heidelberger Institut für Gerontologie. Die 2012 durchgeführte Studie gibt einen Überblick über Ergebnisse, die in einer von der Contergan-Stiftung in Auftrag gegebenen Untersuchung zur aktuellen Lebenssituation und zum zukünftigen Versorgungsbedarf contergangeschädigter Frauen und Männer gewonnen wurden. Erst in den letzten Jahren haben durch stetig zunehmende Beschwerden und Einschränkungen der Funktionalität, die nicht mehr alleine sondern nur durch steigende Assistenzleistungen ausgeglichen werden können, die Folgeschäden ein Ausmaß erreicht, welchem nur durch Inanspruchnahme verstärkter ärztlicher, therapeutischer und medikamentöser Hilfe begegnet werden kann.

Fazit nach 50 Jahren: Die Pharma kämpft noch immer um jeden Cent den sie nicht bezahlen muss – egal wie Fatal ihre Fehlleistungen waren und sind.

Wer nun dachte, man hätte aus dem Conterganskandal gelernt, so wurden wir in dem aktuellen Bericht aus der BBC vom 24.Juli 2013, Brazil’s new generation of Thalidomide babies - eines besseren belehrt. Wir sind schockiert!

Übersetzung aus dem englischen:
Brasiliens neue Contergan-Kinder

“Eine neue wissenschaftliche Studie, beauftragt von BBC, zeigt auf, dass das Medikament Thalidomid immer noch Geburtsschäden im heutigen Brasilien verursacht. Es hat Menschen, die an Lepra erkrankt waren, einige ihrer Symptome gelindert. Einige Frauen, die es einnahmen, wussten nichts von den Risiken, die sie damit während der Schwangerschaft eingingen.

Thalidomid wurde erstmals in den späten 1950er Jahren als Sedativum vermarktet. Es wurde an schwangere Frauen verabreicht, um deren morgendliche Übelkeit zu verhindern- aber es beschädigt Babys im Mutterleib, indem das Wachstum der Gliedmaßen gestört wird.

Über 10.000 Thalidomid Babys wurden weltweit geboren, ehe das Medikament in den frühen 1960er Jahren aus dem Handel zurückgezogen wurde. Die heutigen Contergan-Kinder sind längst 50 jährige Erwachsene. Nach dem Skandal sind weitere Thalidomid Babys nicht bekannt.

In Brasilien wurde das Medikament im Jahr 1965 zur Behandlung von Lepra neu lizensiert. Lepra kommt in Brasilien häufiger vor, als in jedem anderen Land der Welt mit Ausnahme von Indien. Mehr als 30.000 neue Fälle werden jährlich diagnostiziert – und Millionen von Thalidomid Pillen werden verabreicht.

Forscher stellten aktuell fest, dass 100 brasilianische Kinder unter Fehlbildungen, wie die aus dem Thalidomid-Skandal, leiden.

“Es ist eine Tragödie und ein Syndrom, das völlig vermeidbar ist”, erklärt Dr.Lavinia Schuler-Faccini, Professor an der Universidade Federal do Rio Grande do Sul. Aktivisten, Ärzte und Leprakranke bescheinigen dem Medikament allerdings eine entscheidende Bedeutung im Kampf gegen den Aussatz und glauben, dass die Vorteile die Risiken überwiegen.

Schuler-Faccini und andere Forscher von der Universidade Federal do Rio Grande do Sul in Porto Alegre prüften die Geburtsurkunden von 17,5 Millionen Babys, die zwischen 2005 und 2010 geboren wurden.

“Wir haben alle Kinder mit Gliedmaßendefekte und mit den charakteristischen Defekten von Contergan untersucht”, so Schuler-Faccini. Dabei wurde die Verteilung der Thalidomid-Tabletten mit der Anzahl der Gliedmaßendefekte verglichen und dabei laut den Wissenschaftlern ein direkter Zusammenhang festgestellt. ”Je Höher die Einnahme der Tabletten, in einem Bundesland, desto höher die Anzahl der Gliedmaßendefekte.”

Im gleichen Zeitraum 2005-2010 wurden 5,8 Millionen Thalidomid Pillen in ganz Brasilien verteilt.

“Wir hatten etwa 100 Fälle in diesen sechs Jahren, ähnlich dem Thalidomid-Syndrom”, sagt ein anderer des Forschungsteams, Dr. Fernanda Vianna.
“Wir konnten nicht jeden Fall bewerten und können auch nicht behaupten, dass alles Fälle von Thalidomid-Syndrom sind, aber diese Art von Defekt ist normalerweise sehr selten.” Schlechte Gesundheitsbildung und oftmals unkontrollierte Weitergabe von Medikamenten könnte die Ursache sein.

Dies ist, was auf Alan zutreffen dürfte, den wir in einer kleinen Stadt in Zentral-Brasilien kennen lernen.

Seine Familie ersucht um Anonymität – zu groß ist das Tabu über seine krankhafte Erscheinung. Er kam 2005 zur Welt, ohne Arme oder Beine. Seine Hände ragen aus den Schultern, seine Füße aus den Hüften. Er lacht viel und liebt es, mit seinen Brüdern Computerspiele zu spielen.

Er rollt seinen Körper, um sich im Haus bewegen zu können und beim Verlassen des Hauses, wird er an den Rollstuhl gebunden. Er ist sehr gepflegt und nimmt am normalen Schulunterricht teil, hat allerdings einen zweistündigen Anfahrtsweg mit dem Bus, um jede Woche seine Physiotherapie in der nächsten Stadt zu erreichen.

Seine Mutter Gilvane nahm nur irrtümlich Thalidomid. Ihrem Mann war es gegen seine Lepra verschrieben worden und er hat diese mit anderen Tabletten vermengt aufbewahrt. „Ich nahm eine Tablette, wenn ich mich nicht wohl fühlte. Ich hatte auch schon Paracetamol genommen, um mich besser zu fühlen und wusste damals gar nicht, dass ich schwanger war“.

Alans Vater bestätigte, dass der Arzt ihm nicht gesagt habe, dass Frauen das Medikament nicht einnehmen dürfen. Die Ärzte haben ihm überhaupt nichts über das Medikament erzählt.

Es gibt für die Einnahme des Medikamentes strenge Vorschriften, so darf es nur an Frauen, die zwei Formen der Empfängnisverhütung anwendet, verschrieben werden und die sich verpflichtet, regelmäßige Schwangerschaftstests vornehmen zu lassen.

Es gibt klare Warnungen auf den Packungen: ein Kind mit Contergan-Schädigungen ist abgebildet.

Aber Lepra ist ein Leiden der Armen, in Gebieten, wo es kaum Gesundheitsbildung oder Bildung überhaupt gibt. Viele Brasilianer stimmen de m zu, dass trotz allem, dass Thalidomid weiter verschrieben wird.

“Heutzutage gibt es einen Mythos zu Contergan “, sagt Mariana Jankunas, Produktions-Koordinator bei FUNED, ein staatlicher Hersteller des Medikaments. ”Ich denke, mit Informations-und Öffentlichkeitsarbeit über die Vorteile, die Thalidomid den Patienten bringt, kann dieser Mythos überwunden werden, weil die Vorteile die Risiken überwiegen.”

Ärzte, die das Medikament verschreiben, stimmen dieser Aussage zu. ”Es ist das beste Medikament”, sagt Dr. Francisco Reis, von der Lepra Klinik am Krankenhaus Curupaiti bei Rio de Janeiro.

Als ich ihm erzähle, dass die Verwendung vom Thalidomid viele Menschen entsetzt, antwortet er: “Sie haben die Geister Thalidomids der 50er Jahre, aber Sie sollten diese Geister vergessen.”

Er führt uns zu einem seiner Patienten, Tainah, der uns zeigt, wie die Medizin die Schwäche seiner missgebildeten Arme reduziert hat.

“Ich weiß, dass ich die Medizin brauche”, erzählt sie uns. Sie sei sich bewusst, dass sie schwanger werden könnte, wenn sie die Pille absetzte und das dieses das Risiko eines behindertes Kindes zur Folge hätte.

Brasilien ist ein Land mit enormen Ungleichheiten, wo 20% der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze leben.

Überbevölkerte Wohnhäuser und schlechte Gesundheits-Systeme, sowohl in ländlichen Gebieten, als auch in den Slums der Städten – Orte, die gute Bedingungen zur Verbreitung Lepra bieten.

Wo die Krankheit am häufigsten vorkommt, wird Thalidomid weiterhin verschrieben werden, und das Risiko von Babys mit Missbildungen bleibt somit auch erhalten.

Artur Custodio von Morhan, der nationalen Lepra-Kampagne Gruppe, gibt zu, dass das Medikament gefährlich ist, aber sagt, dass es Autos sind, welche zu den meisten Verletzungen und Behinderungen in Brasilien führen.

“Wir wollen nicht über ein Auto-Verbot sprechen“, sagt er, „sondern die Menschen lehren, wie man verantwortungsvoll fährt“. „Und das gleiche gilt für Thalidomid“.
Grüsse Euch

Braunauge
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