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THEMA: Contergangeschädigte im Beruf: Kommunikation ist das A und O

Contergangeschädigte im Beruf: Kommunikation ist das A und O 05 Dez 2013 10:07 #34735

  • Braunauge
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www.lkz.de/lokales/stadt-kreis-ludwigsbu...-O-_arid,186042.html

Inklusion
Ludwigsburg | 05. Dezember 2013
Kommunikation ist das A und O

Mit einer Aktionswoche wollen die Agenturen für Arbeit deutschlandweit Unternehmen dazu motivieren, mehr Menschen mit Behinderung einzustellen. In Ludwigsburg gehen die Behörden mit gutem Beispiel voran. Vier Beschäftigte schildern ihre Erfahrungen.

Ludwigsburg. Waltraud Seckler erinnert sich noch gut an ihre Bewerbungsphase Anfang der 80er Jahre. „Es war eine Tortur.“ Mindestens 30 habe sie abgeschickt. Es kamen nur Absagen. Ihre Behinderung hatte sie stets angegeben. „Ich bin eine von vielen Contergan-Geschädigten“, sagt sie. Eine Berufsberaterin der Arbeitsagentur habe ihr schließlich geraten, sich dort zu bewerben. 1982 startete Waltraud Seckler ihre Ausbildung. Auch heute arbeitet sie bei der Agentur für Arbeit Ludwigsburg, in der Auszahlungsstelle der Bereiche Ausbildung und Rehabilitation. Sie telefoniert häufig. Außer einer elektrisch bedienbaren Eingangstür und einer speziellen Computertastatur braucht sie keine Hilfsmittel. Mit ihren etwa 20 Kollegen kommt sie gut klar. „Es ist ein gegenseitiges Geben und Nehmen.“ Hilfreich für ein gelingendes Miteinander sei die direkte Ansprache. „Sagen, wenn man etwas braucht. Miteinander reden.“ Das gelte für beide Seiten.

10,3 Prozent der Beschäftigten der Arbeitsagentur haben einen Schwerbehindertenausweis. Damit liegt die Behörde deutlich über dem Schnitt im Kreis Ludwigsburg, wo der Anteil im Jahr 2011 bei nur knapp fünf Prozent lag – aktuellere Zahlen gibt es noch nicht. Die Gesetzeslage ist eindeutig: Unternehmen mit mindestens 20 Mitarbeitern müssen eine monatliche Ausgleichsabgabe zahlen, wenn sie nicht mindestens fünf Prozent der Arbeitsplätze mit Schwerbehinderten besetzt haben. Weil die Agentur hier bei den Firmen großen Nachholbedarf sieht, wurde vor zwei Jahren die Aktionswoche für Menschen mit Behinderung ins Leben gerufen.

„Jeder Arbeitgeber profitiert. Menschen mit Behinderung haben häufig hohe Problemlösefähigkeiten. Sie reißen andere mit“, sagt Fachbereichsleiter Rudolf Krauter. Und es könne jeden treffen. „80 Prozent aller Behinderungen werden durch Krankheit erworben.“ Menschen mit einer Behinderung seien wertvolle Fachkräfte, sagt auch Agenturleiter Martin Scheel. „Dieses Potenzial sollten Unternehmen nicht unterschätzen.“

Fuat Aygül hat eine angeborene Körperbehinderung. Das Gehen fällt ihm schwer, früher saß er oft im Rollstuhl. „Nach dem Abi habe ich nur eine Bewerbung rausgeschickt“, erzählt er. Er hatte Glück. Als Nachrücker habe er die Ausbildungsstelle bei der Agentur bekommen. Über Zuschüsse wurde ein Fahrdienst zur Berufsschule finanziert. Heute ist der 27-Jährige einer von sechs Arbeitsvermittlern für Rehabilitanden und Schwerbehinderte. Mit viel persönlichem Kontakt. „Bei mir fühlen sich die Schwerbehinderten teils besser aufgehoben oder verstanden.“ Obwohl er nie lange arbeitslos war – vermutlich könne er sich besser einfühlen, schätzt er.

Kerstin Dvorak sieht man ihr Handicap nicht an. Die Diplom-Verwaltungswirtin ist zuckerkrank und arbeitet seit zehn Jahren bei der Stadt Ludwigsburg, wo 7,4 Prozent der Beschäftigten eine schwere Behinderung haben. Zunächst startete sie im Sozialamt, heute ist sie beim Hochbauamt unter anderem für Mietverträge zuständig, organisiert Vor-Ort-Termine, informiert Betroffene über Mieterhöhungen. Zudem ist sie Vize-Vertrauensfrau für Schwerbehinderte. Schnell zwischen den beiden Aufgaben hin- und herzuschalten sei eine ihrer Herausforderungen. „Meine Behinderung schränkt mich dabei überhaupt nicht ein.“ Von kurzfristiger Unterzuckerung würden die Kollegen nicht viel mitbekommen, das komme ohnehin selten vor. Außerdem: „Die Kollegen wissen, was ich habe. Die Akzeptanz ist da.“ Auch wenn sich hierzulande vieles positiv verändert habe. Ihrer Meinung nach sei der Gedanke einer hundertprozentigen Inklusion illusorisch. Dazu müssten zum Beispiel an Schulen noch viele Barrieren abgebaut werden.

Beim Landkreis Ludwigsburg hätten acht Prozent der Beschäftigten einen Schwerbehindertenausweis, sagt Karin Rath. Sie ist eine von ihnen. Seit ihrer Geburt ist sie körperbehindert. Die Erzieherin und Diplom-Sozialpädagogin arbeitet beim Landtatsamt als Vertreterin für Schwerbehinderte. In dieser Funktion ist sie unter anderem für Anträge von Schwerbehindertenausweisen zuständig und schaut nach, welcher Arzt für welche Behinderung geeignet ist. „Kundentelefonate und Aktenarbeit“, beschreibt sie ihre Tätigkeit, für die sie nur einen höhenverstellbaren Schreibtisch benötigt. Im Kollegenkreis setzt auch sie auf Transparenz und direkte, offene Kommunikation. So wüssten diese, dass sie nichts Schweres tragen könne. Auch bei Bewerbungsgesprächen ist Karin Rath mit dabei. Wie bei nicht Behinderten sei die Qualifikation hierbei wichtig. „Wir müssen gleich gut, gleich sympathisch sein. Das braucht einen gesunden Ehrgeiz.“
Michael Müller
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