Christian Stürmer
Vorsitzender des Contergannetzwerkes Deutschland e.V.
Mitglied im Stiftungsrat der Conterganstiftung für
behinderte Menschen als Stellvertreter
737650 Ostfildern
Weiherhagstr. 6
Tel.: 0711/3101676
Email: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
12.11.2013
An
die Conterganstiftung für behinderte Menschen
das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
- Politikern zur Kenntnis -
Entscheidung über meine Anträge vom 13. und 16.08.2013 -
- hier: nochmalige Stellungnahme zu den Umdeklarierungen der Abstimmungsergebnisse in "Ablehnungen"
-----------------------------------------------------------------------------------------------
Sehr geehrte Damen und Herren!
Zur heutigen Mitteilung der Rechtsaufsicht nehme ich - unter Bezugnahme auf die unten abgebildete Korrespondenz - nochmal zu den Abstimmungen vom 05.11.2013 im Stiftungsrat der Conterganstiftung für behinderte Menschen Stellung:
Hierbei wurden jeweils mit 2 Ja-Stimmen (Betroffenenvertreter) und 3 Enthaltungen (Ministerienvertreter) in der Stiftungsratsitzung folgende Beschlüsse gefasst:
1.) eine Kommission zur Überprüfung der Frage eizusetzen, ob erheblich Gliedmaßengeschädigte zusätzliche Schadenspunkte erhalten können und
2.) Hilfsmittel, behindertengerechte Einrichtungsgegenstände (wie spezielle Kühlschränke, Herde etc.), Wohnungsumbauten und Kraftfahrzeuge in den Leistungskatalog der Stiftung als spezifische Bedarfe aufzunehmen.
Der Vorsitzende des Stiftungsrates, Herr Ministerialdirektor Dieter Hackler, hat in derselben Sitzung vorbehaltslos
die Annahme der Beschlüsse erklärt.
Einen Tag später wurde nun durch die Rechtsaufsicht der Stiftung behauptet, dass die Beschlüsse nicht zustande gekommen seien, weil diese keine hinreichende Anzahl von Ja-Stimmen erhalten hätten. Hierzu habe ich Stellung genommen, worauf die Rechtsaufsicht ihre im Anschluss an dieses Schreiben aufgeführte Meinung geäußert hat.
Zu dieser Auffassung führe ich aus:
Zunächst muss man sich einmal vergegenwärtigen, wie mit den Conterganbetroffenen in ihrer Stiftung umgegangen wird:
Im Stiftungsrat gibt es 5 ordentliche Mitglieder - 3 von Seite der Bundesministerien und 2 Betroffenenvertreter. Wenn es bislang so war, dass die Minsterienvertreter das Alleinbestimmungsrecht hatten, indem sie mit Ja- oder Nein-Abstimmungen ihren Willen durchsetzen konnten, so sollen die Betroffenvertreter nun, nach Meinung der Rechtsaufsicht, sogar so weit zu bloßen Statisten im Stiftungsrat herabgewürdigt werden, dass sie selbst dann keine Beschlüsse durchsetzen können, insofern sich die Ministerienvertreter allesamt enthalten.
Das kann nicht akzeptiert werden! Wir sind die Conterganopfer! Der Staat hat an unseren Schädigungen Mitschuld. Gleichsam hat er die Haftungsnachfolge übernommen. Alleine diese Umstände lassen zwingend erwarten, dass uns die Exekutiv-Vertreter mit einem gewissen Respekt behandeln. Nach meiner Auffassung wird dem der in Streit stehende Vorgang nicht mehr gerecht.
D
ie Bewertung der Rechtsaufsicht ist und bleibt überdies unrichtig:
I.
Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtssprechung, insbesondere des Bundesgerichtshofs, ist es in Fällen, wie in diesem -nach § 32 Abs. 1 Satz 3 BGB - grundsätzlich so, dass die Mehrheit der erschienenen Mitglieder entscheidet.
"Dabei sind Mitglieder, die sich der Stimme enthalten, wie nicht erschienen zu behandeln. Erforderlich, aber auch ausreichend, ist die Mehrheit der abgebenen Stimmen" (Palandt - BGB-Kommentar - 59. Aufl. - § 32, RN 7) - BGH 83,35; Köln NJW RR 94,1547 - vgl. Anlagen).
Anderslautendes bedürfe der ausdrücklichen satzungsrechtlichen Regelung. Das ist nicht gegeben!
Weiterhin ist auszuführen, was die Rechtsaufsicht sicherlich übersehen hat, dass die Entscheidung des Bundesgerichtshofes
vor der Änderung des § 32 Abs. 1 Satz 3 BGB ergangen ist und damit folgenden Satz auslegt:
"Bei der Beschlussfassung entscheidet die Mehrheit der erschienenen Mitglieder"
(vgl. hierzu beigefügte Abbildungen der Palandt-Kommentierungen zu § 32 BGB - 59 Aufl. - November 1999).
Der hierbei geregelte Tatbestand ist im Wesentlichen
gleich mit dem aus der Regelung in § 8 Abs. 7 der Satzung, insoweit es heißt:
"Alle übrigen Beschlüsse können mit einfacher Mehrheit der anwesenden Mitglieder gefasst werden."
Die durch den Bundesgerichtshof erfolgte Rechtsauslegung § 32 Abs. 1 Satz 3 BGB (alte Fassung) ist damt auf diese Satzungsregelung übertragbar.
Auch wird der Wille des Gesetzgebers dadurch erkennbar, indem er die Auffassung des Bundesgerichtshofes im Wesentlichen mit Neuformulierung der o.g. Vorschrift ("Bei der Beschlussfassung entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen") gestützt hat.
Nach dem Vorstehenden sind die Enthaltungen - und zwar nach beiden Formulierungen des § 32 Abs 1 Satz 3 (alt und neu) - grundsätzlich als neutral nicht zu bewerten. Alleine hiernach verhelfen die Ja-Stimmen den Beschlüssen zum Durchbruch.
II.
Gleichfalls ist in § 8 der Satzung der Abs. 7 auch als Ergänzung des davorstehenden Abs. 6 zu betrachten: Während Abs. 6 besonders strenge Anforderungen hinsichtlich der Mehrheitsverhältnisse bei Satzungsänderungsbeschlüssen formuliert, regelt Abs. 7 lediglich, dass bei allen übrigen Beschlüssen Normalbedingungen in Abstimmungen gelten, nämlich, dass jeweils die Mehrheit der Ja- oder Nein-Stimmen ausschlaggebend sind.
Aus dieser satzungsrechtlichen Klarstellung in § 8 Abs. 7 ist, entgegen dem Vortrag der Rechtsaufsicht, damit auch nicht herleitbar, dass für Abstimmungen, über Satzungsänderungen hinaus, besondere Bedingungen gelten würden; gültig sind insoweit nämlich nur die normalen entsprechenden Regeln und damit nochmal: Stimmenthaltungen zählen nicht, was bedeutet, dass bei 2 Ja-Stimmen die Anträge jeweils angenommen wurden.
Ich bitte um möglichst zeitnahe Bestätigung der Gültigkeit der betreffenden beiden Stiftungsratsbeschlüsse
und verbleibe bis dahin,
mit freundlichen Grüßen
Christian Stürmer
Link zur Satzung:
www.conterganstiftung.de/download/stiftungssatzung_20130719.pdf
----- Original Message -----
From: Richartz, Gertrud
To: xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
Cc: Geschäftsstelle-Contergan
Sent: Tuesday, November 12, 2013 10:25 AM
Subject: Stiftungsratssitzung am 05.11.2013; Mail von 06.11.2013
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Rechtsaufsicht hat die Einwendungen von Herrn Stürmer vom 6.11.2013 gegen die Wertung der in der Stiftungsratssitzung zu TOP 10 gestellten Anträge als abgelehnt eingehend geprüft und gebeten Ihnen folgendes mitzuteilen:
Auch nach nochmaliger rechtlicher Prüfung bleibt es dabei, dass die in der Stiftungsratssitzung vom 5.11.2013 zu TOP 10 gestellten beiden Anträge von Herrn Stürmer abgelehnt worden sind.
1. Nach ständiger einhelliger Rechtsprechung ist es im Vereinsrecht für das Zustandekommen eines zustimmenden Beschlusses unerheblich, dass der Versammlungsleiter im Anschluss an die
Abstimmung ausgesprochen hat, dass Anträgen zugestimmt worden sei. Der Feststellung des Abstimmungsergebnisses kommt keine konstitutive Bedeutung zu. Entscheidend ist das tatsächliche Abstimmungsergebnis. Dieser Grundsatz ist auch hier anwendbar.
2. Gemäß § 8 Abs. 7 der Stiftungssatzung können Beschlüsse des Stiftungsrates grundsätzlich „mit einfacher Mehrheit der anwesenden Mitglieder“ gefasst werden.
Im Vereinsrecht ist für die Beschlussfassung in § 32 Abs. 1 Satz 3 BGB geregelt, dass die Mehrheit der abgegebenen Stimmen entscheidet. Soll bei der Beschlussfassung im Verein in Abweichung vom Gesetz nicht die Mehrheit der abstimmenden, sondern der anwesenden Mitglieder entscheiden, so dass Stimmenthaltungen mit der Wirkung von Nein-Stimmen mitgezählt werden, so muss dies nach höchstrichterlicher Rechtsprechung aus der Vereinssatzung eindeutig hervorgehen.
Der Gesetzeswortlaut in § 32 Abs. 1 Satz 3 BGB lautet: „Bei der Beschlussfassung entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen“. Von diesem Wortlaut weicht die Regelung in § 8 Abs. 7 der Stiftungssatzung ab: „Alle übrigen Beschlüsse können mit einfacher Mehrheit der anwesenden Mitglieder gefasst werden“.
Die Bezugnahme im Gesetzeswortlauf auf die „abgegebenen Stimmen“ und in der Stiftungssatzung auf die „anwesenden Mitglieder“ verdeutlicht, dass der Satzungsgeber eine vom Gesetzeswortlaut abweichende Regelung treffen wollte. Ausschlaggebend für die Ermittlung der Bezugsgröße für die Mehrheit soll nach der Stiftungssatzung nicht die Mehrheit der abgegeben Stimmen - also Ja- oder Nein-Stimmen -, sondern die Mehrheit der an der Beschlussfassung teilnehmenden Mitglieder - also einschließlich Enthaltungen - sein. Dies ergibt sich damit bereits eindeutig aus dem Wortlaut der Satzung.
Da die Mehrheit in der Stiftungsratssitzung am 05.11.2013 somit aus mindestens drei Stimmen besteht, ist der Antrag mit zwei Zustimmungen und drei Enthaltungen demzufolge als abgelehnt zu werten.
Mit freundlichen Grüßen
In Vertretung
Gertrud Richartz
Conterganstiftung für
behinderte Menschen
Geschäftsstelle
Postanschrift: 50964 Köln
e
----- Original Message -----
From: Contergannetzwerk Deutschland e.V.
To: xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
Sent: Wednesday, November 06, 2013 11:57 AM
Subject: nachträgliche Umdeklarierung der gestrigen Abstimmungsergebnisse im Stiftungsrat der Conterganstiftung für behinderte Menschen
Christian Stürmer
Vorsitzender des Contergannetzwerkes Deutschland e.V.
Mitglied im Stiftungsrat der Conterganstiftung für
behinderte Menschen als Stellvertreter
737650 Ostfildern
Weiherhagstr. 6
Tel.: 0711/3101676
Email: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
06.11.2013
An
die Conterganstiftung für behinderte Menschen
das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
- Politikern zur Kenntnis -
gestrige Entscheidung über meine Anträge vom 13. und 16.08.2013 -
- hier: heutige Umdeklarierungen der Abstimmungsergebnisse in "Ablehnungen"
-------------------------------------------------------------------------------------------------------
Sehr geehrte Damen und Herren!
Gestern hat der Stiftungsrat der Conterganstiftung für behinderte Menschen über meine Anträge verhandelt:
1.) eine Kommission zur Überprüfung der Frage eizusetzen, ob erheblich Gliedmaßengeschädigte zusätzliche Schadenspunkte erhalten können und
2.) Hilfsmittel, behindertengerechte Einrichtungsgegenstände (wie spezielle Kühlschränke, Herde etc.), Wohnungsumbauten und Kraftfahrzeuge in den Leistungskatalog der Stiftung als spezifische Bedarfe aufzunehmen.
Nachdem die beiden Abstimmungen, die meine beiden o.g. Anträge betrafen, jeweils 3 Enthaltungen (Ministeriumsvertreter) und 2 Ja-Stimmen (Betroffenenvertreter) ergeben haben, hat der Vorsitzende des Stiftungsrates, Herr Ministerialdirektor Dieter Hackler, in derselben Sitzung vorbehaltslos die Annahme der Beschlüsse erklärt.
Mit untenstehender Email erreichte mich jetzt, einen Tag später, die Nachricht, dass Frau Dr. Kürschner vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend nunmehr behauptet, diese Abstimmungen seien als Ablehnungen zu werten:
Dieser Vorgang zeigt wieder einmal, dass sich am Umgang mit den Betroffenen noch nicht wesentlich viel geändert hat.
Zur rechtlichen Bewertung:
Der Vortrag von Frau Dr. Kürschner als Rechtsaufsicht ist überdies auch falsch:
"Die „einfache“ Mehrheit erreicht ein Beschlussantrag bzw. Wahlvorschlag, wenn er mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen auf sich vereinigt. Erforderlich ist, dass die Zahl der gültigen Ja-Stimmen die der gültigen Nein-Stimmen um wenigstens eine übertrifft; Stimmenthaltungen und ungültige Stimmen werden bei der Festlegung des Abstimmungsergebnisses nicht mitgezählt. Die einfache (im Gegensatz zur qualifizierten) Mehrheit entspricht somit der absoluten Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen (vgl. BayObLG FGPrax 1996, 74; Reichert, Vereins- und Verbandsrecht 11. Aufl. Rn. 1683 f., 1689; Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein 18. Aufl. Rn. 208; Palandt/Heinrichs/Ellenberger BGB 67. Aufl. § 32 Rn. 7). Hiervon zu unterscheiden ist die „relative“ Stimmenmehrheit, bei der es genügt, dass eine Abstimmungsalternative mehr Stimmen erhält als eine der anderen."
Zitiat aus Beschluss des Oberlandesgerichts München 31 Wx 78/07 ( Ziffer II. 2 a aa)
openjur.de/u/298564.html
Ich bitte zu der Frage jetzt unverzüglich eine Klärung herbeizuführen und dies mitzuteilen.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Stürmer
----- Original Message -----
From: Richartz, Gertrud
To: 'xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
Cc: Geschäftsstelle-Contergan
Sent: Wednesday, November 06, 2013 10:50 AM
Subject: Stiftungsratssitzung am 05.11.2013
Sehr geehrte Damen und Herren,
im Nachgang zu der gestrigen Stiftungsratssitzung hat die Rechtsaufsicht folgende Information übersandt:
Gemäß § 8 Abs. 7 der Stiftungssatzung können Beschlüsse des Stiftungsrates grundsätzlich „mit einfacher Mehrheit der anwesenden Mitglieder“ gefasst werden. Daher wirken sich Enthaltungen als NEIN-Stimmen aus.
Damit sind die in der gestrigen Stiftungsratssitzung zu TOP 10 gestellten beiden Anträge von Herrn Stürmer mit jeweils zwei Zustimmungen und drei Enthaltungen abgelehnt.
Mit freundlichen Grüßen
In Vertretung
Gertrud Richartz
Conterganstiftung für
behinderte Menschen
Geschäftsstelle
Postanschrift: 50964 Köln
--------------------------------------------------------------------------------